Landtagswahl 2017

Am 15. Oktober findet die Landtagswahl in Niedersachsen statt. Drei der vier im bisherigen Landtag vertretenen Parteien sehen keine Notwendigkeit für eine „Ökologisierung“ der Jagd in Niedersachsen.

Am 15. Oktober entscheiden wir in Niedersachsen über die Zusammensetzung eines neuen Landtags und damit über die kommende Landesregierung. Parallel zu unseren Wahlprüfsteinen an die aktuell im Nds. Landtag vertretenen Parteien,  die wir in Kürze veröffentlichen werden, haben wir die Wahlprogramme dieser Parteien im Hinblick auf das Themenfeld Jagd analysiert.

Drei der vier im bisherigen Landtag vertretenen Parteien sehen keine Notwendigkeit für eine „Ökologisierung“ der Jagd in Niedersachsen.  Im Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen hingegen, finden sich massive und grundsätzliche Änderungsvorstellungen bis hin zu der Einführung eines „ökologischen Jagdrechts“. Aus unserer Sicht sind viele der dort genannten und geforderten Punkte sachlich und faktisch betrachtet schlichtweg nicht haltbar.

Grund genug, einige dieser Positionen einem separaten „Faktencheck“ zu unterziehen:

 

1. Novellierung Jagdgesetz und ökologisches Jagdrecht

Im Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen heißt es:

„Wir GRÜNEN setzen uns für eine an ökologischen und zeitgemäßen wildbiologischen Kriterien orientierte und ethisch vertretbare Jagd ein.“

und an späterer Stelle:

„Wir GRÜNEN setzen uns dafür ein, dass auch in Niedersachsen endlich ein umfassendes ökologisches Jagdrecht gilt. Dabei wollen wir vor allem die Liste der jagdbaren Arten anhand von Kriterien wie Bestandssituation einer Art und Nutzung der Tierbestandteile überarbeiten.“

Fakt ist:

Die Jagd ist neben der Fischerei eine der ältesten Formen der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen. Als solche ist sie von der Weltnaturschutzunion IUCN bereits vor Jahren als Form des Naturschutzes anerkannt.

Das Land Niedersachsen verfügt bereits seit Jahren über ein Jagdgesetz, dass den wildbiologischen, ökologischen wie tierschutzrechtlichen Aspekten Rechnung trägt. Mit dem gleichermaßen etablierten wie politisch anerkannten flächendeckendem Monitoringprogramm der „Wildtiererfassung in Niedersachsen“ (WTE) belegen wir zudem seit über 25 Jahren Jahren die nachhaltige Nutzung  der jagdbaren Wildtiere in Niedersachsen. Dies ist nicht nur zeitgemäß sondern auch wegweisend für andere Bundesländern gewesen. Darüber hinaus ermöglichen und finanzieren  wir zahlreiche umfassende wildbiologische Forschungsprojekte, um  die Jagdausübung an zeitgemäßen und wildökologischen Kriterien auszurichten. 

Hinzu kommt, dass Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, einen besonderen Schutz genießen. Als eines von vielen Beispielen in unserem Bundesland ist der Seehund zu nennen. Dieser unterliegt dem Jagdrecht, hat aber keine Jagdzeit. Ohne den enormen ehrenamtlichen Einsatz der Wattenjagdaufseher, wäre die Seehundpopulation in Niedersachsen sicher nicht auf dem heutigen Niveau.

Wer den Katalog der jagdbaren Arten aufgrund von „Kriterien wie Bestandssituation“ oder „wildbiologischen Kriterien“ überarbeiten will, muss diese auch zur Kenntnis nehmen. Wie wenig dies in der jüngeren Vergangenheit geschehen ist, zeigt die Novellierung der Jagdzeitenverordnung aus dem Jahr 2014: Die Vollschonung für Saat- und Blessgänse sowie im Kern eine deutliche Verkürzung der Jagdzeiten bei andern Gänsearten in Vogelschutzgebieten u.a. durch die Implementierung einer Intervallbejagung, um nur diese Punkte aufzugreifen, ist weder aufgrund der Bestandssituation nachvollziehbar und zu rechtfertigen noch aufgrund anderer wildbiologischer Kriterien. Die Gänsepopulationen befinden sich, belegbar durch zahlreiche Erhebungen, in einem guten Erhaltungszustand, größtenteils wachsen sie stetig an. Sie erlauben nicht nur eine nachhaltige Bejagung, sie erfordern diese sogar. Einschränkungen der Jagd auf Tierarten, die in ihrem Bestand gänzlich ungefährdet sind, entbehren schlicht jeglicher Grundlage. Das Jagdrecht ist ein Eigentumsrecht und jede Einschränkung hat für die Inhaber des Jagdrechts enteignungsgleiche  Wirkung. Nicht die Jagdausübung muss rechtlich begründet werden, sondern umgekehrt deren Einschränkung.

2. Jagd auf Beutegreifer

Im Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen heißt es:

„Eine Jagd auf Beutegreifer aus Gründen der Konkurrenz zwischen Jäger*innen und Beutegreifern (…) lehnen wir ab“

Fakt ist:

Die freilebenden Arten der Feldflur – und dies betrifft jagdbare Arten und nichtjagdbare wie Kiebitz, Feldlerche etc. gleichermaßen – haben in der heutigen Kulturlandschaft mit vielen Einflussfaktoren zu kämpfen. Hierzu gehören neben einer intensivierten Landwirtschaft, der Witterung oder dem Flächenverbrauch (Versiegelung) auch die natürlichen Fressfeinde, die mit den geänderten Voraussetzungen besser zu Recht kommen. Um einen Beitrag zur Artenvielfalt zu leisten, ist daher eine intensive Bejagung der Beutegreifer nicht nur notwendig, sondern zwingend erforderlich. Die von der EU als invasiv eingestuften Arten wie Waschbär und Nutria, zukünftig auch Marderhund und Mink, sind weitere Beutegreifer, die den Prädationsdruck erhöhen. Nicht ohne Grund  hat die EU ihre Mitgliedsstaaten aufgefordert, deren weitere Ausbreitung zu unterbinden.  Und nicht ohne Grund gibt es in Niedersachsen aktuell 25 Prädationsmanagementprojekte, die im Sinne von Natur- und Artenschutz, die Beutegreiferbejagung zum Gegenstand haben. Mehr als die Hälfte dieser Projekte, werden mit Mitteln des amtlichen Naturschutzes, heißt durch das Umweltministerium, den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und/oder die Landkreise bzw. den unteren Naturschutzbehörden finanziell unterstützt.  Die Gesamtfördersumme allein dieser Projekte beträgt aktuell 610.000€ Es kann also keinesfalls von einer „Konkurrenz“ gesprochen werden wenn, Jägerinnen und Jäger Beutegreifer bejagen, sondern sie erfüllen einen gesetzlichen Auftrag im Sinne des Artenschutzes.  

3. Jagd in Schutzgebieten

Im Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen heißt es:

„Wir wollen die Jagd in Schutzgebieten dem jeweiligen Schutzzweck unterordnen.“

Fakt ist:

Die Jagd in Schutzgebieten unterliegt bereits jetzt sehr restriktiven Regelungen – ausschlaggebend sind die für das Schutzgebiet wertgebenden Arten und die individuell definierten Schutzziele. Hierauf wird in jeder Schutzgebietsausweisung Rücksicht genommen. Generelle Einschränkungen der Jagdausübung, losgelöst also, von konkret benannten Maßnahmen zum Wohle der wertgebenden Art(en) oder des individuellen Schutzziels, bedeuten eine Umkehrung des geltenden Grundsatzes, dass nicht die Jagdausübung begründet werden muss sondern deren Einschränkung. Eine solche Herangehensweise konterkariert einen gemeinsamen Erlass von Umweltministerium und Landwirtschaftsministerium zur Jagd in Schutzgebieten und  ist kontraproduktiv für den Artenschutz.

Jagdrecht und Naturschutzrecht sind zwei getrennte  und gleichberechtigte Rechtkreise – der Rechtkreis Naturschutz darf nicht auf Kosten des Rechtskreises Jagd präjudizieren. 

4. Verbot von Totschlagfallen und Bautenjagd

Im Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen heißt es:

„Wir GRÜNEN setzen uns für ein Verbot von Totschlagfallen und der Bautenjagd ein.“

Fakt ist:

Die Fallenjagd unterliegt in Niedersachsen sehr restriktiven Vorschriften – dies gilt auch und im besonderem Maße für die so genannten Totschlagfallen. Es sind ausschließlich nur Fallen zugelassen, die unversehrt fangen oder sofort töten. Die Jagd mit der Falle erfolgt überdies nach den Regelungen der Unfallverhütungsvorschrift  Jagd (UVV Jagd).  Grundsätzlich gilt zudem weiter: Um die Fangjagd auszuführen zu dürfen, müssen Jäger zusätzlich im Besitz eines Sachkundenachweises sein. Hierzu ist ein separater Ausbildungslehrgang, zusätzlich zum Jagdschein, erfolgreich zu absolvieren. Jäger die Fangjagd betreiben haben ihre Qualifikation und ihre Fertigkeiten also umfänglich unter Beweis gestellt – eine Voraussetzung die „Ottonormalverbraucher“ beim Stellen einer Mause- oder Rattenfalle bspw. nicht benötigt. 

Die Jagd am Bau bedarf ebenso keines Verbots. Sie wird mit speziell dafür ausgebildeten und brauchbaren geprüften Jagdhunden  durchgeführt und muss als Bejagungsart, beispielsweise für den Fuchs, erhalten bleiben.

Die Jagd mit der Falle ist eine sehr effektive Methode um dämmerungs- und nachtaktive Beutegreifer zu bejagen. Einschränkungen der Fangjagd wie auch der Baujagd sind aus Sicht des Artenschutzes daher absolut kontraproduktiv. Auch im Sinne der EU-Verordnungen und rechtlichen Anforderungen zu den invasiven Arten sind Einschränkungen bei diesen Bejagungsarten kontraproduktiv. Wie wichtig und bedeutsam die Fangjagd ist, belegt auch die Tatsache, dass in einer Vielzahl der oben genannten Prädationsprojekten auch die Jagd mit der Falle mit Mitteln des amtlichen Naturschutzes finanziell gefördert wird.

5. Ausbildung von Jagdhunden auf der Wildspur und Abschuss von Haustieren

Im Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen heißt es:

„Die Ausbildung von Jagdhunden an lebenden Tieren und den Abschuss von Haustieren lehnen wir ab.“

Fakt ist:

Jägerinnen und Jäger haben den gesetzlichen Auftrag, verletztes oder krankes Wild nachzusuchen und schnell zu finden, um diesen unnötiges Leid zu ersparen. Die spezielle Fertigkeit die Fährte eines kranken Tieres aufzunehmen und zu verfolgen, müssen Hunde realitätsnah erlernen. Dies ist eine zwingende Voraussetzung für eine tierschutzkonforme Nachsuchenarbeit.  Die Ausbildung der Arbeit auf der Wildspur ist bereits jetzt sehr strengen Regelungen unterworfen.  

Der „Abschuss von Haustieren“ steht nirgendwo zur Debatte. Vielmehr räumt der Paragraph 29 des Niedersächsischen Jagdgesetzes den Jagdschutzberechtigten bzw. von diesen benannten  Jägern die Erlaubnis ein, Hunde und Katzen, so diese beim Wildern angetroffen werden, zu töten. Auch hier ist die aktuelle Rechtslage sehr eng gefasst. Klar ist überdies, dass Jäger von diesem Recht nur als letztes und äußerstes Mittel Gebrauch machen. Viele Jäger sind selbst Hunde- oder Katzenhalter und wissen daher um die emotionale Bindung und Bedeutung von Haustieren. Die Politik ist aufgefordert gesetzliche Regelungen zu treffen, die eine unkontrollierte Vermehrung von verwilderten Katzen unterbindet. Wissenschaftlichen Studien zur Folge sind diese insbesondere für Singvögel eine Gefahr. Laut einer Studie im britischen Journal of Ornithology, werden von den 80 Prozent der flügge gewordenen Jungvögel, die von Raubtieren getötet werden, 47 Prozent von Katzen getötet.  Fangaktionen, Kastrations-, Registrierungs- und Chipprogramme wurden bisher nicht flächendeckend eingeführt bzw. konnten nicht zu einer nachhaltigen Lösung des Problems beitragen.

6. Waffenrecht

Im Wahlprogramm von Bündnis 90/die Grünen heißt es hierzu:

„Für uns GRÜNE stehen der Schutz der Opfer und die Sicherheit der Bürger*innen an oberster Stelle. Daher fordern wir eine elektronische Registrierung sämtlicher Schusswaffen in einem bundesweiten Waffenregister, eine Verbannung großkalibriger Waffen aus dem Schießsport, ein Verbot von halbautomatischen Waffen im Privatbesitz und keinen weiteren erlaubnisfreien Verkauf von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen. Notwendig sind ebenfalls regelmäßige Waffenkontrollen durch Kommunen. Dazu gehört nicht nur die sichere Aufbewahrung, sondern auch die persönliche gesundheitliche Eignung. Wir GRÜNEN treten für ein grundsätzliches Verbot der Lagerung von Schusswaffen in Privathaushalten ein. Ausnahmen, insbesondere für Jäger*innen, sollen unter behördlicher Kontrolle möglich sein, sofern hieran ein öffentliches Interesse besteht und die Waffen sicher und getrennt von der Munition verwahrt werden. (…)“

Fakt ist:

Deutschland hat im internationalen Vergleich bereits eines der restriktivsten Waffengesetze insbesondere auch was die Aufbewahrung von Waffen angeht. Kriminalitätsstatistiken zur Folge, sind die illegalen Waffen das Problem –  so stellt das Bundeslagebild Waffenkriminalität 2015 des BKA fest, dass in 95 Prozent der deliktrelevanten Fälle, illegale Waffen sichergestellt wurden.   

In Deutschland sind die Aufbewahrungsvorschriften erst im Sommer dieses Jahres weiter verschärft worden. Eine sichere Aufbewahrung der Waffen gebietet das Waffengesetz bereits seit langem, ebenso wie die getrennte Aufbewahrung von Waffen und Munition. Regelmäßige Kontrollen durch die Kommunen sind ebenfalls bereits vorgeschrieben und werden durchgeführt.  Hierfür muss der Kontrollierte zudem die Gebühr entrichtet. Jede Jägerin und jeder Jäger in Niedersachsen beweist die persönliche Eignung im Umgang mit der Waffe bei Zulassung zur Jagdscheinprüfung und im Rahmen der Regelüberprüfung. Weitere Verschärfungen oder gar das Verbot von Waffen in Privathaushalten sind daher weder gerechtfertigt noch erforderlich – insbesondere auch vor dem Hintergrund des gesetzliches Auftrags den Jäger wahrnehmen.  Ein, wie gefordert, bundesweites Waffenregister existiert bereits. Beim Blick auf halbautomatische Waffen in Privatbesitz ist erst jüngst das Bundesjagdgesetz an entsprechender Stelle im Sinne einer Klarstellung novelliert worden. Die Verwendung halbautomatischer Waffen mit Wechselmagazin, solange nicht mehr als drei Patronen geladen sind, wurde für den jagdlichen Einsatz als nicht zu beanstanden klargestellt. Insbesondere bei Drückjagden oder den sogenannten Erntejagden, einer effektiven jagdlichen Methode, um das Schwarzwild intensiv zu bejagen, ist die Möglichkeit einer schnellen Schussabfolge wichtig und notwendig.