Zutreffend ist, dass im Rahmen der Novellierung des Landesjagdgesetzes Niedersachsen im Jahr 2022 beschlossen wurde, bleihaltige Büchsenmunition (sowie bleihaltige Flintenlaufgeschosse) bei der Jagdausübung ab dem 01.04.2025 zu verbieten.
Die Übergangsfrist zwischen Novellierung und Inkrafttreten ist (noch) nicht im Landesjagdgesetz zu finden, sondern das Verbot in Artikel 2 des Änderungsgesetzes vorgesehen wurde, der eben erst zum 01.04.2025 in Kraft tritt und dann in das Landesjagdgesetz aufgenommen wird. Zum 01.04.2025 wird § 24 Abs. 1 Nr. 1 NJagdG wie folgt lauten:
Es ist über § 19 BJadgG hinaus verboten, die Jagd auszuüben
Unter Verwendung von Betäubungs- oder Lähmungsmitteln, Sprengstoffen, elektrischem Strom, Haken, Schleudern, Bolzen, Pfeilen oder Druckluftwaffen, Büchsenmunition mit bleihaltigen Geschossen oder bleihaltigen Flintenlaufgeschossen.
Für Schrot gilt die bisherige Reglung weiter, § 24 Abs. 1 Nr. 3 NJagdG:
3. auf Wasserfederwild an und über Gewässern unter Verwendung von Bleischrot.
Wer gegen die Verbote verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, § 41 Abs. 1 Nr. 10 NJagdG.
Zur REACH Verordnung
Unklarheiten bestehen teilweise auch, was das Bleiverbot nach der REACH- Verordnung anbelangt. Dabei ist diesbezüglich eigentlich nichts neu. Aber eine Pressemitteilung des französischen Jagdverbandes sorgt für Verwirrung.
Der EuGH hat unter dem 17.10.2024 ein Urteil gesprochen, das sich mit der REACH Verordnung befasst. Das Urteil ist bislang nur in französischer und polnischer Sprache veröffentlicht. Inhaltlich bestätigt das Gericht die Rechtsprechung in erster Instanz (Rechtssache T-187/21), die eine Klage des Verbandes „Firearms United“ abgewiesen hatte. Durch diese Entscheidung, die die LJN damals auch auf den Funktionsträgerseminaren vorgestellt hatte, wurden einige wichtige Fragen zur Anwendung der REACH – Verordnung durch den EuGH klargestellt. So ist die Definition von Feuchtgebiet – nach wie vor - nicht eng auszulegen. Eine Pfütze auf dem Acker ist kein Feuchtgebiet; für ein solches kommt es darauf an, ob das Feuchtgebiet einen Lebensraum für Wasserfederwild darstellt. Erst dann wird das Mitführverbot von Bleischroten ausgelöst.
Neu ist seit der Entscheidung vom 17.10.2024 aber, dass die in der REACH-Verordnung vorgesehene und von Juristen kritisierte Beweislastumkehr beim Mitführen von Bleischrot nicht in jedem Fall zur Annahme eines Verstoßes führen muss. Vielmehr bleibt es bei dem rechtsstaatlichen Grundsatz, dass die Behörden nachweisen müssen, dass überhaupt ein Verstoß begangen wurde. In diesem Lichte betrachtet, ist die klarstellende Entscheidung des EuGH zu begrüßen.
Bisher war ein Verstoß gegen das Bleischrotverbot nach der REACH-Verordnung ohne Sanktionsmöglichkeit, da die Verordnung selbst keinen Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestand vorsah. Diese „Sanktionslücke“ hat der deutsche Gesetzgeber nun gefüllt. Die Norm findet sich aber nicht im Jagdgesetz, sondern in der „Verordnung zur Sanktionsbewehrung gemeinschafts- oder unionsrechtlicher Verordnungen auf dem Gebiet der Chemikaliensicherheit (Chemikalien-Sanktionsverordnung - ChemSanktionsV)“
In § 1 Nr. 43 heißt es
… wird bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig …
entgegen Nummer 63 der Spalte 1 des Anhangs XVII in Verbindung mit
a) (…)
b) Absatz 11 Unterabsatz 1 Buchstabe a der zugehörigen Spalte 2 Schrotmunition mit einer dort genannten Bleikonzentration verschießt,
Das Mitführen von Bleischroten stellt nach der Chemikalien-Sanktionsverordnung zwar keine Straftat dar, ist aber nach der REACH Verordnung dennoch untersagt und könnte bei wiederholten Verstößen die Frage nach der jagdrechtlichen Zuverlässigkeit aufwerfen.
Dr. Benjamin Munte/LJN