08. November 2017 (DJV) Berlin: Erstmals erkennt der amtliche Naturschutz offiziell an, dass der Wolf keine natürliche Scheu vor dem Menschen hat. Der Deutsche Jagdverband (DJV) begrüßt diese Einsicht ausdrücklich, die das Bundesamt für Naturschutz (BfN) jetzt in Heft 11 der hauseigenen Zeitschrift „Natur und Landschaft“ veröffentlicht hat. Allerdings betrachtet der Dachverband der Jäger das skizzierte „Handlungskonzept zum Umgang mit auffälligen Wölfen“ mit großer Sorge: Die kritiklose Grundhaltung gegenüber dem Wolf sorgt dafür, dass die Akzeptanz für den Fleischfresser zusehends schwindet. Laut Managementempfehlung „verlangt“ es lediglich „Aufmerksamkeit“, wenn Wölfe mehrere Tage weniger als 30 Meter entfernt von bewohnten Häusern gesehen werden. „Ungefährlich“ sei es, wenn Wölfe in Dunkelheit durch Siedlungen laufen oder tagsüber in Sichtweite von Häusern. Vorgestellt werden sollte das gesamte Konzept heute auf einer Pressekonferenz, die gestern am späten Abend überraschend abgesagt wurde.
Mit Blick auf die kommende Woche anstehende Umweltministerkonferenz fordert der DJV vom BfN und den zuständigen Politikern, ihre Verantwortung ernster zu nehmen und statt theoretischer, verharmlosender Konzepte praktikable, lösungsorientierte Maßnahmen für den Umgang mit dem Wolf vorzuschlagen. „Dieser große geplante Feldversuch nach dem Motto ‚Versuch und Irrtum‘ ist risikoreich und einzigartig in Europa. Die Finnen reagieren auf Nahkontakte viel offensiver, Problemwölfe werden erlegt“, sagte DJV-Präsidiumsmitglied Helmut Dammann-Tamke. Der Wolf teste seine Grenzen aus und mache auch an der willkürlichen 30-Meter-Grenze nicht Halt. „Die Politik muss die Sorgen und Nöte der Bevölkerung endlich ernst nehmen, mehr Realitätssinn ist gefragt“, so Dammann-Tamke. Der Wolf sei keine blutrünstige Bestie, aber eine Bauernhofidylle mit friedlicher Koexistenz von Mensch und Wolf auf engstem Raum sei ebenso abwegig.
Nach Auffassung des DJV provoziert der amtliche Naturschutz mit seiner naiven Herangehensweise und willkürlich festgelegten Fluchtdistanzen ein steigendes Risiko von Übergriffen. Das Handlungskonzept empfiehlt für Wölfe, die sich mehrfach unter 30 Metern Menschen nähern, eine „frühzeitige“ Besenderung und Vergrämung. Allerdings gibt es bis heute kein Konzept, wie Vergrämung in der Praxis funktionieren soll und folgerichtig in Deutschland noch keinen einzigen Erfolg. Vergrämung wird auch von ausländischen Experten als sehr kritisch eingeschätzt und wie in Schweden so gut wie nicht mehr praktiziert.
Übergriffe von Wölfen auf Menschen hat es in der Vergangenheit gegeben, wenn diese mit Tollwut infiziert waren oder habituiert: Bewusste oder unbewusste Fütterung führt zu einer schwindenden Fluchtdistanz. Als intelligenter, anspruchsloser Nahrungsgeneralist ist der Wolf ein potenzieller Kulturfolger. Kritische Situationen, wie sie mit an den Menschen gewöhnten Wildschweinen etwa in Berlin an der Tagesordnung seien, müssten in Hinblick auf den Wolf um jeden Preis verhindert werden, so Dammann-Tamke. Sonst schwinde die Akzeptanz des Wolfes auch im urbanen Raum in Rekordgeschwindigkeit.