Meine Erfahrungen bei der Jagd auf Nutria
Mit einem Jagderlaubnisschein bin ich seit über 40 Jahre in einem Revier im Ammerland unterwegs. Durch das Revier fließt auf etwa 2 km Länge die Vehne. Der Fluss ist zwischen 5 und 10 m breit und hat überwiegend stark abfallende bis steile Ufer von 1 m bis 2 m Höhe. Das Ufer der Vehne gehört auf der längsten Strecke zu meinem Revier. Die ufernahen landwirtschaftlichen Flächen werden als Ackerland für Mais oder als Weiden genutzt. Nutria fühlen sich hier wohl. Die Landwirte sehen die Schäden in den Ufern und besonders im Mais und erwarten von mir als Jäger, dass ich etwas unternehme. Auch die Wasseracht fordert immer wieder zur energischen Bejagung auf.
Die Wasserstände der Vehne schwanken stark. Im Sommer kann es bis auf 30 cm und weniger heruntergehen. Es wachsen an vielen Stellen Wasserpflanzen und Krautinseln, so dass meine KLM-Hündin Bea den Fluss auf weite Strecken „durchwandern“ kann. Im Frühjahr gibt es häufig Hochwasser. Dann kommt die Vehne aus ihrem Bett heraus und ist an manchen Stellen 30 m – 50 m breit mit hoher Fließgeschwindigkeit und bis zu 2 m tief und darüber. Dann hat Bea Mühe, wieder dort anzulanden wo sie ins Wasser gegangen ist. Richtiganstrengend wird es für sie, wenn sie dann noch einen mehrere Kilogramm schweren Nutria apportiert.
Auf der ganzen Länge der Vehne haben sich Nutria in mehreren Bauten in die Ufer eingegraben. Es gibt neue Bauten und ältere, die nicht mehr bezogen werden und z. T. Inzwischen eingefallen sind, was an den Einsenkungen im Ufer und im angrenzenden Acker- oder Weideland erkennbar ist. Der Boden ist streckenweise anmoorig. Da haben einige Landwirte auf einer Breite von mehreren Metern wegen der Nutriabauten die Bewirtschaftung eingestellt, weil sie befürchten mit ihren Fahrzeugen in den Bach zu kippen.
Ich bejage die Nutria seit ihrem ersten Auftreten vor etwa fünf Jahren mit Flinte, Büchse und Falle.
Jagd mit der Flinte. Ich kann Herrn Rössler (Nds. Jäger20/2020 S. 22ff) nur zustimmen, dass die Jagd mit der Flinte ineffektiv ist. Von einem schwimmenden Nutria ist nur ein Teil des Kopfes und ein schmales Stück vom Rücken zu sehen. Die meisten Schrote gehen ins Wasser und man muss schon Glück haben, wenn die Nutria erfolgreich zur Strecke gebracht werden konnte. Ich habe es mit gleichermaßen geringem Erfolg mit 3 mm und mit 3,5 mm versucht. Besser sind die Ergebnisse, wenn man bei der Schussabgabe recht hochsteht oder den ganzen Nutriakörper sehen kann, z. B. vor dem Bau. Viele Tiere kommen nicht zur Strecke, sondern tauchen ab und nicht wieder auf.
Jagd mit der Büchse. Der Schuss auf einen schwimmenden Nutria geht bei mir selten weiter als 20 m bis 30 m. Mit meiner .223 Remington klappt das nicht. Die Waffe ist auf 150 m eingeschossen und ich überschieße den Nutria. Außerdem ist mir das zu gefährlich, mit dieser Waffe ziemlich flach auf die Wasseroberfläche zu schießen. Deshalb nehme ich meine .22 Winchester Magnum, die auf 30 m eingeschossen ist. Darauf habe ich ein variables Glas mit Leuchtabsehen, das ich auf 6fache Vergrößerung eingestellt habe. Die Erfolge sind gut auch in der Dämmerung. Fast immer wird das Tier gut getroffen und treibt im Wasser oder ist so schwer verletzt, dass es nicht mehr tauchen kann. Ich kenne Jäger, die mit der .22lfB auf Nutria jagen und mit dem Erfolg zufrieden sind. Mir ist die Patrone zu schwach.
Erfolge habe ich durch Ansitz nahe einem Bau. Am besten in Deckung vom gegenüberliegenden Ufer, so dass ich die Öffnungen sehen kann. Nutria bleiben bei beginnender Dämmerung oft zuerst nah vor ihren Bau und verharren dort ruhig im flachen Wasser. Ganz wichtig ist hierbei, sich ruhig zu verhalten und auf die Windrichtung zu achten. Der Wind darf auf keinen Fall von mir zu dem Tier wehen. Aber Nutria wittern nicht nur sehr gut, sondern hören auch gut. Das leise Klicken beim Einstechen der Waffe reicht aus sie zu verscheuchen. Nutria sind in ihren Bewegungen meistens leise und bedächtig. Da sitzt man schon eine Weile an und bemerkt plötzlich, dass in einer Öffnung am anderen Ufer ein Nutria ganz vorsichtig nach draußen äugt. Dann ganz langsam und vorsichtig die Waffe anlegen und schießen.
Wie Herrn Rössler habe ich ebenfalls gelernt, dass Nutria auf die Bejagung mit der Büchse reagieren. Sie kommen dann immer später aus ihrem Bau. Meine Fallenmelder zeigen mir an, dass die Tiere ihre Aktivität weit in die Nacht ausgedehnt haben.
Jagd auf Nutria ohne Hund geht nicht. Der Hund sollte nur zum Apportieren eingesetzt werden. Nachsuche eines angeschossenen Nutria oder gar nachgraben im Bau sind für den Hund „saugefährlich“, zumindest für meine Bea. Nutria sind bekanntermaßen harmlose Pflanzenfresser, aber sie sind außerordentlich wehrhaft und aggressiv, wenn sie sich verteidigen müssen. Die Zähne verursachen tiefe und stark blutende Wunden und können für den Hund sogar tödlich sein oder Dauerschäden verursachen. Ich habe mehrfach erlebt, dass meine Bea den angeschossenen Nutria im Wasser stellen wollte. Trotz der Schussverletzung war das Tier dem Hund im Wasser an Wendigkeit überlegen. Noch einmal schießen ging auch nicht, weil der Hund immer dicht am Nutria war. Da wird einem am Ufer schon bange um den Hund.
Jagd mit der Falle. Ich verwende eine WEKA-invasiv und drei Fallen aus Siebdruckplatten. Grundsätzlich stelle ich die Fallen nicht in das Wasser, sondern an das Ufer, dort wo ich die Aufgänge der Nutria festgestellt habe. Als Köderverwende ich ausschließlich Äpfel. Sie werden in Viertelzerlegt und auf den Aufgang und in der Falle verteilt. Ein Tipp aus schlechter Erfahrung: Nutria gehen manchmal seitwärts an der Falle vorbei. Dabei lösen sie ungewollt den Mechanismus aus. Am nächsten Morgen steht man dann vor der leeren Falle. Also stecke ich einen Stock so neben die Falle in die Erde, dass eine ungewollte Auslösung nichtvorkommen kann. Und noch ein Tipp. Eindringende Feuchtigkeit hat mir zwei Fallenmelder – immerhin 200€ das Stück – irreparabel ruiniert. Seitdem stecke ich sie vor dem Einsatz stramm in eine Hundetüte, die ich mit Klebebandverschließe. Die Tütenfolie ist so dünn, dass die Funktionsfähigkeit des Abreißmagneten nicht beeinträchtigt wird.
In den Kastenfallen fangen sich fast nur Nutria, ab und zu auch Ratten und Bisam und selten ein Iltis. In der WEKA Falle fangen sich tatsächlich häufiger Ratten. Beide Fallentypen fangen nach meinem Ermessen recht erfolgreich. Für die Kastenfallen habe ich mich des Preises und des geringen Gewichts wegen entschieden. Schleppen sie einmal eine fast 40 kg schwere unhandliche runde Falle mehrere hundert Meter durch ein Maisfeld!
Wer eine Falle aufstellt, sollte schon vorher überlegen, wie er ein gefangenes Tier zur Strecke bringen will. Die gefangenen Nutria erlege ich mit .22 lfB in der Falle. Wenn die schwere WEKA Falle im Wasser steht, dann ist das Erlegen eine schwierige und wohl auch gefährliche Aktion. Wer das Tier in der Kastenfalle erlegen will, sollte eine der Klappen auf der Innenseite mit einer ausreichend dicken Holzplatte verstärken. Sonst hat die Klappe schnell ein Loch. Und immer eine Taschenlampe dabeihaben!
Steigt das Wasser, dann verlassen Nutria ihre Bauten und graben sich höher im Ufer Notbauten. Das sind einfache Röhren, mit dem Ausgang über der Wasseroberfläche. In diesem Notbauten sitzen oft mehrere Tiere hintereinander. Da hat Bea in einem Winter schon bis zu fünf Tiere am hinteren Ende gepackt und aus dem Bau gezogen. Die sind dann aber blitzartig abgetaucht. Am besten gelingt die Jagd bei Hochwasser, wenn der Fluss gerade „randvoll“ ist. Dann verlassen Nutria notgedrungen ihre Bauten und sitzen auf dem Ufer im Bewuchs. Einige Tiere wandern dann aus in Gräben, die zum Fluss führen. Da sind sie dann gut zu erlegen.
In diesem Jahr waren Bea und ich recht erfolgreich darin, Schäden im Mais gering zu halten und das Graben weiterer Bauten zu verhindern. Wir haben bislang etwa 60 Nutria erbeutet; Jungtiere von wenigen 100 g bis zu ausgewachsenen „Riesen“ mit 9 kg Gewicht.
Soweit meine persönlichen Erfahrungen mit der Jagd auf Nutria, andere Reviere werden sicher auch andere interessante Strategien entwickeln.
Dr. Hans Fittje
Holljestr. 13 a
26188 Edewecht
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