Seesen/Oberpanshausen. Jägerinnen und Jäger gehören zu jenen Personengruppen, die heute mehr denn je im Fokus der Öffentlichkeit stehen. In schöner Regelmäßigkeit wird immer wieder gern das Bild vom „mordlüsternen schießwütigen Massenmörder“ herbeizitiert – pauschal wohlgemerkt! Da mag man sich dann schon die Frage stellen: Geht es nicht vielleicht ein paar Nummern kleiner? In der Tat füllen die Diskussionen über das Für und Wider der Jagd ganze Bibliotheken. Fakt ist aber, dass die Jägerschaften vor Ort heute mehr Tätigkeiten im Bereich des aktiven Naturschutzes und der Landschaftspflege betreiben wie kaum eine andere Organisation.
Beispielhaft hierfür stehen die Mitglieder der Jägerschaft Seesen, die unter dem Dach der Landesjägerschaft Niedersachsen nicht ohne Grund anerkannter Naturschutzverband sind. Das Beschaffen und Installieren von Fledermauskästen und Steinkauz-Höhlen oder der Einsatz bei der Rehkitz-Rettung sind nur einige der jüngsten Einsätze in dieser Hinsicht. Dazu hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten noch ein Projekt zur Teichrenaturierung gesellt.
Schauplatz des Ganzen ist eine etwa 4000 Quadratmeter große Fläche in Oberpanshausen/Rhüden, an die es selbst alteingesessene Seesener kaum einmal verschlagen haben dürfte. Sie gehört der Familie Jürgens. „Hier haben wir als Kinder immer gern gespielt; doch im Laufe der Jahre hat sich vieles zum Nachteil verändert“, erinnert sich Henrik Jürgens. Er betreibt in Sichtweite und quasi nur einen Steinwurf vom Teich entfernt seinen landwirtschaftlichen Betrieb. Vater Hartmut Jürgens war es, der sozusagen den Stein ins Rollen brachte und bei seinen Mitstreitern in der Jägerschaft anregte, ob man das idyllische Fleckchen denn nicht wieder auf Vordermann bringen, sprich renaturieren, könne.
Von einem Teich im eigentlichen Sinne konnte hier schon lange keine Rede mehr sein. Orkan Wiebke, der sich in der Nacht vom 28. Februar zum 1. März 1990 mit Windgeschwindigkeiten von 130 bis 200 km/h über Deutschland austobte, hatte deutliche Spuren hinterlassen; und einige andere Stürme in den Jahren und Jahrzehnten danach auch. Heißt im Klartext: Das Gewässer, das bis in die 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts noch als Feuerlöschteich diente, war unter einem Berg von Windwurfmaterial begraben. „Im Laufe der Jahre hatte sich dadurch eine dicke Schicht Faulschlamm gebildet; da siedelt sich so gut wie nichts mehr an“, weiß der Naturschutzobmann der Jägerschaft Seesen, Hans Ulrich Stolzenburg, der das Renaturierungsprojekt maßgeblich mit betreut.
Schnell war klar: Hier sollte und musste im Sinne des Naturschutzes etwas geschehen. Doch einfach in die Hände spucken und loslegen ging nicht. Anders als beispielsweise beim Anbringen und Unterhalten von Nistkästen oder bei der Anpflanzung von Bäumen, bedarf gemäß der geltenden Kooperations- und Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Landkreis Goslar und den Jägerschaften Goslar und Seesen die Renaturierung eines Teiches der Abstimmung. Zuständig dafür ist die untere Naturschutzbehörde (uNB). Und die gab schon bald grünes Licht. „Nicht nur in diesem Fall läuft die Zusammenarbeit mit der uNB, und hier insbesondere mit der zuständigen Mitarbeiterin Mandy Henning-Hahn, auf fachlicher Ebene richtig gut“, berichtet Stolzenburg. Ein Dank ging zudem an die benachbarte Jägerschaft Goslar. Sie hatte den Seesener Kollegen hinsichtlich der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel, die man sich teilt, den Vortritt für das Teichprojekt gelassen.
In einem ersten Schritt wurde Anfang September vergangenen Jahres erst einmal der im Teich liegende Windwurf entfernt. Außerdem wurden aus dem vorhandenen Bewuchs im oberhalb des Gewässers befindlichen Quellbereich Fichten und eine gesplitterte Weide herausgenommen und in diesem Zuge eine majestätische, mehr als 150 Jahre alte Eiche freigestellt. Sie hat nun wieder genügend Luft und Licht, um sich nach allen Seiten hin entfalten zu können.
Das entnommene Material wird übrigens im Sinne der Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz für die Erzeugung von Bioenergie genutzt. „Wir haben das alles zu Holzhackschnitzeln verarbeitet und können mit diesem vor Ort gewachsenen Rohstoff zwei Häuser unseres Hofes heizen“, erklärt Henrik Jürgens. Dabei sei zunächst einmal auch wirklich nur die Menge entnommen worden, die in einem Jahr verbraucht werden kann. Weitere Fichten – aus einer früher einmal angedachten Weihnachtsbaumkultur – sollen dann in den kommenden Jahren nach und nach weichen. An ihre Stelle werden zunächst einmal 25 jeweils dreijährige Rot-Erlen gepflanzt. Die haben eine Starthöhe von 1,20 Meter. „Das ist eine standortgemäße Baumart, die passt hierher“, so Hans Ulrich Stolzenburg. Der vorhandene Weidenbestand bleibt ebenfalls erhalten.
Nachdem der Teich vom Windwurf also befreit war, rückte Mitte September in einem nächsten Schritt der Langarmbagger an, um eine gut 30 Zentimeter dicke Schlammschicht abzutragen. In diesem Zuge wurde ebenfalls ein neuer Damm aufgeschüttet. Da das Jahr schon recht weit fortgeschritten war und der Herbst anklopfte, entschied man sich schließlich, den Damm erst dieses Frühjahr einzusäen. Grundlage dafür wird eine Saatgutmischung „Feuchtwiese“ mit einem Anteil 70 Prozent Gräser und 30 Prozent Kräuter und Leguminosen (Hülsenfrüchtler) bilden.
Im Anschluss galt es dann nur noch auf Regen zu warten, sodass sich der Teich wieder füllen konnte. Auch das ist mittlerweile geglückt. Das überschüssige Wasser fließt nun hinunter in Richtung der Lutter. „Den Überlauf wollen wir mit Strohmatten und Kiesbett noch entsprechend befestigen und stabilisieren“, so Henrik Jürgens.
Fische sind an dieser Stelle übrigens nicht vorgesehen. Vielmehr sei es das Ziel, Amphibien hier anzusiedeln, wie Hans Ulrich Stolzenburg abschließend betonte.