Ablauf des Naturschutzprojektes
Nachdem der Naturschutzobmann ,Ulrich Stolzenburg, der Jägerschaft Seesen, bei der letzten erweiterten Vorstandssitzung an der man sich noch persönlich treffen durfte über das Projekt der Streuobstwiese von Herrn Erhard Dettmar berichtet hatte, stellte er die Bitte an alle Hegeringleiter in ihren Bereichen anzufragen, ob es dort möglicher Weise Flächen für die Neuanlage oder Ergänzung von Streuobstwiesen zu einer Aufwertung des Naturhaushaltes gibt.
Der Leiter des Hegerings Langelsheim, Frank Schmidt, besprach diese Thematik mit Ulrich Bauerochse ,dem Jagdpächter aus Wolfshagen . Dieser konnte sogleich Grundstückseigentümer mit 6 potenzielle Flächen für Streuobstwiesen ausmachen
Nachdem die Flächen zusammen mit unserem Naturschutzobmann Herrn Stolzenburg Anfang September 2020 abgefahren wurden, kamen 2 potenzielle Standorte , Grünflächen im Landschaftsschutzgebiet in die engere Wahl. So mußten diese dann wegen der Änderung der Nutzung vom Grünland zur Streuobstwiese der unteren Naturschutzbehörde (UNB) ,hier Frau Mandy Henning-Hahn vorgestellt werden Hier zahlte sich wieder einmal die sehr gute Zusammenarbeit auf persönlicher und fachlicher Ebene mit der UNB aus, sodass die beiden Flächen zu einem neuen Lebensraum, Streuobstwiese entwickelt werden durften.
Da es sich bei diesem Projekt um eine Finanzierung von ca. 8.000€ handelte,kam unsere Finanzierungsvereinbarung mit dem Landkreis, in der der u.a.Mittel aus der Rückführung der Jagdsteuer für Naturschutzprojekte zur Verfügung stehen, nicht zum Tragen. So fiel schnell die Entscheidung,hier beim Landkreis einen Antrag auf Finanzierung aus Ersatzgeldern zu stellen
Ersatzgelder sind Geldeinlagen, die bei Bauprojekten an den Landkreis gezahlt werden müssen, wenn diese Naturraum zerstören.
Nachdem der endgültige Zuwendungsbescheid im Februar eingetroffen war, konnten die konkreten Planungen endlich beginnen. Wobei der Wintereinbruch ein frühen Pflanztermin erst mal nicht möglich machte
So wurden auf den Flächen zusammen mit den Eigentümern Herrn Andreas Habig (1.400m²) und Herrn Thomas Eilert (2.800m²) am 20.03.2021 mit Pflanzstäben die Plätze markiert wo die Bäume gesetzt werden sollten. Hier konnten wir wieder auf die Erfahrung unseres Naturschutzobmann zurückgreifen, da dieser als Förster im Ruhestand die nötige Expertise mitgebracht hat.
Es wurden 42 hochstämmige Bäume,alles alte Sorten, ausgewählt. Diese teilen sich auf in 11 Kirschen (wie Kassins Herzkirsche, Schwarze Knorpelkirsche), 6 Birnen (wie Champagner Bratbirne, Speckbirne) und 25 Äpfel ( wie Kaiser Wilhelm, Prinz Albrecht von Preußen, Weißer Klarapfel). Die Baumsorten, so die Vorgabe der UNB, wurden aus einer Liste des Landschaftpflegeverbandes Göttingen, der schon seit Jahren Leitlinien für die Anlage und Pflege von Streuobstwiesen entwickelt ,ausgewählt .
Die Pflanzarbeiten mit Ballendschutz gegen Fraß der Wühlmaus , das Anbringen von Fege- und Verbißschutz und die Verpflockung der Bäume wurden mit der Firma Knorr , Landschaftsbau Mitte April bei idealen Wetter ausgeführt. Tatkräftig unterstützt wurde dies durch die beiden Grundstückseigentümer Herrn Habig, Herrn Eilert, unseren Obmann Ulrich Stolzenburg und dem Jagdpächter Herr Ulrich Bauerochse. Diese werden noch regionales Saatgut mit einem hohen Kräuteranteil in den Bodenaushub um die Bäume herum ausbringen. Damit wird die Initialzündung für Erweiterung des Artenspektrums auf den artenarmen Grünflächen gegeben .So gilt es allen Beteiligten unser Dankeschön für die geleistete Arbeit auszusprechen, denn nur mit der Hilfe williger Grundstückseigentümer ist es möglich Naturschutzprojekte umzusetzen. Weiterhin zeigt dies wieder einmal deutlich, dass Jagd nicht nur das ruhige Ansitzen mit der Waffe in Wald und Flur ist. Einen Großteil der Zeit verbring der Jäger in der Natur und erledigt Hege Maßnahmen um die
Lebensräume aufzuwerten und die Natur zu verbessern. Wir Jäger sprechen hier vom aktiven Naturschutz.
Als Glücklicher Umstand zeigten sich die handwerklichen Fähigkeiten von Herrn Habig. Dieser baute an der neuentstandenen Streuobstwiese ein großes Wildbienen- und Insektenhotel ,welches noch nicht komplett eingerichtet ist und eine Joule.
Über das Projekt und die Beteiligten werden demnächst jeweils Hinweisschilder interessante Fakten zu Streuobstwiesen geben.
Streuobstwiesen Lebensraum und Naturparadies
Streuobstwiesen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen in Mitteleuropa. Kennzeichnend ist die lockere Bepflanzung mit hochstämmigen Obstbäumen, die über hundert Jahre alt werden können. Darunter entstehen bunt blühende, artenreiche Wiesen, die gemäht oder als Weide genutzt werden. Die mächtigen Baumkronen, die im Frühjahr eine unvergleichliche Blütenpracht entfalten, prägen seit Jahrhunderten unsere Kulturlandschaft. Viele Vogel- und Insektenarten finden dort Nahrung und Unterschlupf.
Neben einer artenreichen Krautschicht mit z.B. Löwenzahn oder dem großen Wiesenknopf unter den Bäumen wird auch eine Artenreiche Fauna eine Streuobstwiese besiedeln. Mitunter können sich bis zu 2000-5000 Tierarten ansiedeln. Insekten wie die Ackerhummel oder die Mauerbiene sind in Streuobstwiesen anzutreffen. Wo fliegende Insekten sich tummeln, sind Spinnentiere wie die Gartenkreuzspinne nicht weit. Amphibien und Reptilien finden in der Streuobstwiese ihr zuhause. Frösche und Blindschleichen sind typische Bewohner einer Streuobstwiese. Bei diesem Artenreichtum ist es nur natürlich das Vögel den Schutz und das Nahrungsangebot einer Streuobstwiese nutzen. Auch Säugetiere wie Fledermaus, Igel und Siebenschläfer profitieren nach der Anlage einer Streuobstwiese. Mitunter entsteht in einer intakten Streuobstwiese eine kleine Oase für die kleinsten Insekten bis zum großem Säugetier, welche in der heutigen Agrarlandschaft einen schweren Stand haben.
Seit den 50er Jahren mussten die Streuobstwiesen der Intensivlandwirtschaft sowie dem vermehrten Bau von Straßen, Siedlungen und Gewerbegebieten weichen.
So verschwanden auch wertvolle Lebensräume für bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Viele robuste, lokale "alte" Obstsorten sind reizvolle Bereiche unserer Kulturlandschaft.
Diesen Trend gilt es umzukehren und die vielen begeisterten Wiesenbesitzer und –pächter, die sich mit viel Freude um Ihre Bäume kümmern, machen Mut sich weiter einzusetzen.
Trend zu Streuobstwiesen weiter verfolgen
Erfreulicherweise besteht inzwischen wieder ein verstärktes Interesse an dem Erhalt, der Nachpflanzung und der Neuanlage von Streuobstwiesen mit alten, regionaltypischen Sorten. Die Jägerschaft Seesen e.V. als anerkannter Naturschutzverband sucht weitere Grundstückseigentümer wie Erhard Dettmer , Andreas Habig und Thomas Eilert, die bereit sind Streuobstwiesen an zu legen oder zu ergänzen. Flächengrößen schon ab 1.000m² eigenen sich durchaus .
Die Jägerschaft setzt sich für eine artenreiche und strukturreiche Natur- und Landschaftsgestaltung insbesondere in der Agrarlandschaft ein. Hier gilt es Biotope und Lebensräume zu gestalten und vorrangig durch Hecken ,Wege- und Bachlaufbeplanzungen zu vernetzten.
Erster Tag der Streuobstwiese in Europa
Erstmals am Freitag, den 30. April fand in diesem Jahr europaweit der „Tag der Streuobstwiese“ statt und die Aufnahme des Streuobstanbaus in das immaterielle Kulturerbe. Mit vielfältigen Aktionen in ganz Europa wurde die Bedeutung von Streuobstwiesen für die Gesellschaft und für die Tier- und Pflanzenwelt hervorgehoben . Der Sielmannstiftung folgend sind die Streuobstwiesen die „Deutschen Regenwälder“.Der Tag der Streuobstwiese soll jeweils an dem letzten Freitag im April stattfinden.