Die 2. Herbstjagdversammlung der Jägerschaft Northeim e.V. wurde letzte Woche in der Stadthalle Northeim vor etwa 150 Interessierten durchgeführt. Der Vorsitzende der Jägerschaft, Ralf-Günter Rahnert, begrüßte die Gäste, die Jäger und besonders auch die nicht-jagenden Bürger.
Die Veranstaltung, die zum zweitem Mal stattfand, soll insbesondere die Kontakte zwischen Jägern und Bevölkerung stärken und zum Verständnis für Zusammenhänge in der Natur und bei der Jagd beitragen. Zu den Gästen aus der Politik zählten der Bürgermeister der Stadt Northeim Hans-Erich Tannhäuser und sein ständiger Vertreter Jörg Dodenhöft, die Vertreterin der Fraktionen im Rat der Stadt Northeim Helga Jäger und Maximilian Koch, als Vorsitzender der Fraktionen im Kreistag Heiner Hegeler und der Bundestagsabgeordnete Dr. Roy Kühne. Weitere Gäste waren der Vorsitzende und der Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Hartmut Danne und Gerhard Rudolph, der Leiter der Geschäftsstelle Northeim der Landwirtschaftskammer Niedersachsen Dr. Karsten Möller sowie als Vertreter der Polizei PHK Frank Grube.
Zu dem Thema Waschbär, Marderhund und weitere invasive Arten und ihre Bedeutung für Naturschutz und Jagd hat Dr. Egbert Strauß vom Institut für Wildtierforschung an der Tierärztlichen Hochschule Hannover referiert. In dem äußerst lebhaften Vortrag stellte Dr. Egbert Strauß die Entwicklung insbesondere der Waschbären als „Neubürger mit hohem Konfliktpotential“ von der Einführung aus Nordamerika für Pelztierfarmen in Deutschland im Jahr 1920, über die Auswilderung von wenigen Tieren am Edersee 1934 und in der Schorfheide 1935 bis zu seiner Verbreitung in Deutschland im Jahre 2009 mit etwa 300.000 - 500.000 Exemplaren dar.
Die Waschbären, die bis zu 10 Kg schwer werden und ein Alter von bis zu 16 Jahren erreichen können, sind nachtaktive und sehr gesellige Tiere. Der Lebensraum der Waschbären liegt neben den Wäldern und Parkanlagen eben auch in Gärten und Häusern, was einen Teil seines Konfliktpotentials mit den Menschen ausmacht. Als Allesfresser besteht die Nahrung des Waschbären aus Eiern, Jungtieren, Vögeln, Insekten, Fischen, Früchten und auch Abfällen aus menschlichen Haushalten. Das Konfliktpotential in der Natur liegt in der Plünderung von Bodengelegen und Greifvogelgelegen, dem Fressen von Kröten und Unken sowie der europäischen Sumpfschildkröte. Viele dieser betroffenen Tiere gehören zu den bedrohten Arten. Mit den Menschen kommt der Kleinbär immer dann in Konflikt, wenn er Mülltonnen durchsucht, die er ohne Probleme öffnen kann, gelbe Säcke aufreißt, an Hausfassaden hoch klettert und sich auf Dachböden einnistet. Gern räumt eine Waschbärfamilie über Nacht den einen oder anderen Obstbaum im Garten hinterm Haus leer und hinterlässt diverse Kothaufen auf dem Rasen.
Im weiteren Verlauf des Vortrages ist Dr. Egbert Strauß auch auf andere invasive Arten wie z.B. die spanische Wegschnecke, den amerikanischen Ochsenfrosch, die Nutria und den Marderhund eingegangen. In Deutschland kommen mindestens 1100 gebietsfremde Tierarten vor. Davon gelten allerdings nur etwa 260 Arten als etabliert, darunter 30 Wirbeltierarten.
Die EU gibt jährlich 12 Mrd. € für Bekämpfungsmaßnahmen aus, da Neozoen eine ernsthafte Gefährdung für die Artenvielfalt darstellen, Überträger von exotischen Krankheiten sein können, erhebliche Schäden in Land- und Forstwirtschaft, der Fischerei sowie der Infrastruktur verursachen und Landschaften und Gewässer zerstören.
Als weiterer Referent hat Christian Hembes, Revierjäger am Jägerlehrhof Jagdschloss Springe und Ausbilder für die Fallenjagd, die Möglichkeiten einer effektiven Bejagung der Waschbären dargestellt. Die Fallenjagd stellt demnach die erfolgreichste Methode dar, andere Möglichkeiten wie die Ansitz- und Lockjagd oder Baujagd sind selten erfolgreich oder nur sehr schwer durchzuführen. Die Fallenjagd ist in Deutschland streng reglementiert, so sind nur wenige Totfallen überhaupt zugelassen und Lebendfallen müssen z.B. komplett abgedunkelt sein und mind. zweimal täglich kontrolliert werden um möglichen Stress für die Tiere zu vermeiden. Im Weiteren ist Herr Hembes auf Bauweise, Aufstellungsort und Hinweise zur Durchführung von erfolgreichen Fangmethoden eingegangen.
Zwischen den beiden Vorträgen wurden den erfolgreichen Absolventen des letzten Jägerkurses ihre Jägerbriefe feierlich überreicht.
Zum Abschluss der Veranstaltung dankte Ralf-Günter Rahnert den Referenten, den Jagdhornbläsern der Jägerschaft Northeim für die musikalische Untermalung, sowie den Ehrengästen und den interessierten Bürgern für ihr Kommen. „Die Jägerschaft Northeim hofft durch diese und andere Veranstaltungen den Kontakt zwischen Nichtjägern und der Jägerschaft zu intensivieren, Missverständnisse auszuräumen sowie die Notwendigkeit der Jagd verständlicher zu machen.“
Stellungnahme Jägerschaft: In der Jägerschaft Northeim ist die Problematik der zunehmenden Waschbärenpopulation nicht erst seit der EU-Verordnung zur Bekämpfung der invasiven Arten bekannt. Erst jüngst hat der Platzwart der Sportanlage der Berufsbildenden Schulen Alarm geschlagen, weil der Sportplatz mit Kothaufen übersät war. Eine fachkundige Analyse erbrachte schnell das Ergebnis: Waschbären. Seit etlichen Jahren leben in den hohen Buchen und alten Eichen auf dem Wieter Waschbären, die gerne auch die waldnahen Wohngebiete aufsuchen. Eine Bejagung der nachtaktiven Tiere ist aber recht kompliziert und nur mit entsprechenden Lebendfallen Erfolg versprechend. Im Landkreis Northeim wurden in den letzten 6 Jahren durchschnittlich pro Jahr über 1400 Exemplare erlegt. Eine deutliche Steigerung dieser Zahl ist, so der Vorsitzende der Jägerschaft, kaum zu erreichen. Durch Bejagung wird allenfalls eine weiter zunehmenden Ausbreitung des Waschbären eingedämmt werden können. "Der Waschbär gehört inzwischen zu unserer "heimischen" Fauna, erläutert Rahnert. Er unterliegt dem Jagdrecht, und dort muss er auch bleiben. Waschbären plündern Greifvogel- und Eulengelege, fressen Eier und Jungvögel von Bodenbrütern und verschmähen auch die schon seltene Europäische Sumpfschildkröte nicht. Es ist Aufgabe der Jäger, diese Schäden in unserem Ökosystem wenigstens ansatzweise zu minimieren."