Northeim. Niedlich sehen Waschbären aus, aber in Dörfern und Städten können sie zur Landplage werden und für erhebliche Schäden in Gärten, an Häusern, Schuppen und Lauben verursachen. Was man gegen die Plagegeister tun kann, erläuterte jetzt der Kasseler Waschbär-Experte Frank Becker auf Einladung der Jägerschaft Northeim rund 100 interessierten Zuhörern in der Stadthalle der Kreisstraße.
Nicht nur in der heimlichen Hauptstadt der Waschbären sind sie ein Ärgernis, auch in Südniedersachsen werden sie immer mehr zum Problem.
Dank seiner Anpassungsfähigkeit an den menschlichen Lebensraum und seiner hohen Vermehrungsrate wird der Waschbär hierzulande nicht mehr auszurotten zu sein, sagte Frank Becker. Aber man kann sein Haus gegen die hervorragenden Kletterer und Allesfresser schützen.
Am besten eignen sich kleine Elektrozäune, mit denen mögliche Zugangspunkte des Hauses gesichert werden. Der Versuch des Tieres, das Gebäude zu erklettern beziehungsweise in es einzudringen, wird sofort mit einem Stromschlag bestraft, den sich das gelehrige Tier merkt. Die Folge: Es wird das Gebäude in Zukunft meiden. Nachteile sind der hohe Aufwand und die regelmäßige Überprüfung der Anlage.
Erfolgreich hat Frank Becker damit eigener Darstellung zufolge schon die Saunalandschaft einer Bäderbetriebes gesichert, in der Waschbären sogar in Wasserbecken gekotet haben.
Wer nicht zu elektrischen Strom greifen will, muss verhindern, dass der Waschbär das Haus erklettern kann, um sich im Dach oder anderen „sicheren“ Winkeln häuslich einzurichten. Das heißt, dass Fallrohre, Blitzableiter und andere Aufstiegsmöglichkeiten so verbaut werden müssen, dass sie für das Tier nicht mehr als Steighilfe nutzbar sind.
Sind Waschbären erstmals im Haus, können sie beträchtliche Schäden anrichten bis hin zur kompletten Zerstörung von Dachisolierungen. Besonders nervig: Ihr Hang zu Latrinen, Plätzen, an denen sie ihren Enddarm entleeren und urinieren. „Ein bestialischer Gestank – vor allem im Sommer“, sagt der Experte.
Im Garten können sie ebenfalls große Schäden anrichten. „Manche Gärten sehen aus, als ob eine Rotte Wildschweine durchgegangen ist.“ Hunde sind gegen sie in der Regel machtlos. So berichtete Frank Becker von einem Waschbären, der einen ausgewachsenen Rottweiler so „verprügelt“ hat, dass dieser sich danach nicht mehr in den Garten getraut hat.
Gefangen werden können die zu Schaden gehenden Tiere mit speziellen Fallen. Das muss aber tierschutzkonform geschehen und ist an gesetzliche Auflagen gebunden und ohne Fallenschein, also die gesetzliche Erlaubnis, Fallen nutzen zu dürfen, geht gar nichts.
Wichtiger Rat: Das Nahrungsangebot für den Waschbären sollte so gering wie möglich gehalten werden, um sie gar nicht erst anzulocken. Das heißt, Essensreste dürfen nicht auf den Kompost geschüttet und gelbe Säcke beispielsweise mit ungewaschenen Yoghurtbechern dürfen erst unmittelbar vor dem Abholen rausgestellt werden. Und Füttern geht gar nicht. Becker: „Man muss denken wie ein Waschbär.“
Das für die Verbreitung des Waschbären in Europa wichtigste Ereignis war das Aussetzen von zwei Waschbärpaaren am 12. April 1934 am hessischen Edersee. Es gab auch Fluchten beispielsweise aus Pelztierfarmen wie in der Nähe des brandenburgischen Strausbergs im Jahr 1945. Von dort aus und verbreitete sich der Kleinbär rasant und wurde als „Kulturfolger“ zu einem Stadtbären. 2016 wurden die bis zu neun Kilogramm schweren Tiere in die „Liste der unerwünschten Spezies“ für die Europäische Union aufgenommen. Im Landkreis Göttingen wurden im vergangenen Jagdjahr 2463 Waschbären erlegt, im Landkreis Northeim waren es 1700. „Damit ist Südniedersachsen Spitzenreiter im Land“, sagte der Vorsitzende der Jägerschaft, Ralf Rahnert.
Text von Hans-Peter Niesen