Die hochsommerlichen Temperaturen der letzten Tage und Wochen verändern nicht nur das Bild unserer Kulturlandschaft nachhaltig, sie wirken sich auch deutlich auf das Verhalten unserer heimischen Tierarten aus. Die Landwirte haben ihre Raps- und Getreideernte fast abgeschlossen. Bereiche unserer Kulturlandschaft die eben noch durch Deckung und auch Äsung im Überfluss gekennzeichnet waren, haben sich quasi über Nacht in Stoppelfelder verwandelt und unser Niederwild seiner gewohnten Deckung beraubt, so dass es nun verstärkt dem Zugriff seiner natürlichen Feinde, wie Fuchs, Marder, Habicht oder Krähe, ausgesetzt ist. Während das Rehwild zum Äsen in den Wald ausweichen kann, fehlt den Feldhühnern wie Fasan, Rebhuhn oder Wachtel in unserer ausgeräumten Kulturlandschaft nun häufig die Lebensgrundlage. Man spricht dann vom sogenannten „Ernteschock“, dem die Feldhühner ausgesetzt sind. Bei Temperaturen an der 30°C-Marke suchen Mensch und Tier in der Regel die Abkühlung. Die Phasen der größten Aktivität unserer Wildtiere liegt nun in den etwas kühleren Morgen- und Abendstunden, so dass sie für den Naturbeobachter beinahe unsichtbar erscheinen. Wer von der heimischen Tierwelt kann, verbringt die Zeit der größten Hitze in Deckung, an einem schattigen oder luftigen Platz und verbraucht dadurch weniger Flüssigkeit. Dies kann bei Fuchs und Kanin der kühle Bau unter der Erde, für Taube Krähe und Co., ein Platz in luftiger Höhe oder wie bei Fasan und Rebhuhn, die schattige Hecke sein. Während wir Menschen unseren Körper über die Verdunstung von Schweiß kühlen, den wir in speziellen Hautdrüsen produzieren und anschließend an die Umgebung abgeben, verfügt unser heimisches Wild i.d.R. nicht über diese Möglichkeit der Kühlung. Ihm bleibt als Ersatz nur das sogenannte Hecheln, bei dem die Atemluft Feuchtigkeit und Wärme in die Umgebung abgibt und so dem Körper Kühlung verschafft. Einige Wildarten verfügen über eine zusätzliche „Klimaanlage“, indem sie, wie der Feldhase, über stärker durchblutete Bereiche des Körpers, wie z.B. die Ohren, im jagdlichen Sprachgebrauch auch Löffel genannt, Körperwärme an die Umgebung abgeben oder wie unserer heimisches Schwarzwild ein Bad im offenem Wasser oder auch nur im feuchten Schlamm zur Abkühlung und gleichzeitig zur Körperpflege genießen. Die Nährungsaufnahme, sei es Äsen oder auch Beutemachen, wird nun in die weniger warmen Stunden des Tages verlegt. Niederwild, wie Hase, Fasan oder Rebhuhn ernährt sich hautsächlich von Grünäsung, die in unterschiedlichem Maße Feuchtigkeit enthält. Als wesentlicher Feuchtigkeitsspender kann nun vor allem der morgendliche Tau angesehen werden, der gezielt oder beiläufig mit der Grünäsung aufgenommen wird. Er deckt wohl im wesentlichen den Flüssigkeitsbedarf unseres Niederwildes bei diesen hochsommerlichen Temperaturen. Wäre es anders, würden wir Jäger nun entweder eine Konzentration des Niederwildes an den verbliebenen Wasserstellen feststellen oder aber vermehrt verdurstetes Niederwild finden müssen. Beides ist jedoch nicht der Fall. Das schöne Wetter und die hohen Temperaturen dieser Tage halten aber auch eine Besonderheit bereit. Unser heimisches Rehwild befindet sich noch bis Mitte August in der Paarungszeit, auch Sommerbrunft oder Blattzeit genannt. Früher nahm man an, dass sich die hohen Temperaturen sogar stimulierend auf die Paarungsbereitschaft des Rehwildes auswirkte. Aus dieser Zeit rührt der Merkspruch: "Das lieber Weidmann merk Dir gut – und gebe darauf acht. Den Bock verwirrt der Sonne Glut; den Hirsch die kalte Nacht." Dieser Merkspruch ist allerdings unzutreffend. Eine anhaltende Schönwetterlage mit Hitze (um die 30 Grad) beeinflusst das Brunftgeschehen nicht positiv. Der Beginn der Brunft scheint nicht so sehr vom aktuellen Wetter abzuhängen, als vielmehr vom Setztermin. Der Eisprung der Ricke findet ziemlich genau 65 bis 69 Tage nach dem Geburtstag der Kitze statt. Als ein weiterer Faktor soll sich die Tageslänge auf den Brunftbeginn auswirken. Sie soll nach neuesten Erkenntnissen bei ziemlich genau bei 15 Stunden und 45 Minuten liegen, genetisch fixiert sein und für eine Art Brunftsynchronisation sorgen. Die Brunft verläuft während unerträglich schwüler Hitze sehr konzentriert, aber überwiegend während der Nächte. Eine gut zu beobachtende Blattzeit, wie der Jäger sie sich erträumt, erlebt man eher, wenn das Barometer nach einer Schlechtwetterlage steigt. Also nach einigen Tagen des Regens und des Windes mit niedrigen Temperaturen. Bei dem zur Zeit zu beobachtendem Fortpflanzungsritual des Rehwildes signalisiert das weibliche Rehwild dem Rehbock über Geruchsstoffe seine Paarungsbereitschaft. Dieser beginnt daraufhin mit seinem ausdauernden Liebeswerben, dem sogenannten „Treiben“, welches sich über Tage und Kilometer hinziehen kann. Diese Lockflucht, beendet das weibliche Rehwild erst kurz vor der eigentlichen Paarung indem es abrupt stehenbleibt und so die Bereitschaft zur Paarung signalisiert. Zum Leid der Autofahrer überquert es beim Treiben oftmals urplötzlich die Straße — häufig auch am helllichten Tage. Bis Mitte August ist im Bezug auf das Rehwild noch besondere Vorsicht geboten. Auch den Naturfreund lockt es bei diesem hohen Temperaturen zu einem kühlen Waldspaziergang. Dabei sollte er jedoch Rücksicht nehmen und dem Wild in diesem Tage seine verdiente Mittagsruhe gönnen oder wie der Spanier sagt, es Siesta halten lassen. Wundern, dass er in dieser Zeit nur wenig Wild zu Gesicht bekommt, braucht er sich nun nicht mehr, kennt er doch die Techniken, mit denen unser Wild der Sommerhitze trotzt.