Die Kulturlandschaft im Landkreis Rotenburg/Wümme wird in weiten Teilen durch seine landwirtschaftliche Nutzung geprägt. Der sich zur Zeit vollziehende Strukturwandel in unserer Landwirtschaft hat gravierende Auswirkungen auf diese Landschaft. Da sind zunächst geänderte wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die einen Trend zu weniger, dafür aber immer größeren Betrieben fördern. Hinzu kommt, dass neben die Gewinnung von Nahrungsmitteln der Anbau von Energiepflanzen und die Gewinnung von Energie selbst getreten ist. Viele Landwirte haben sich inzwischen schon zum Energiewirt weiterentwickelt; auch dies ein Trend der weiter anhält. Gerade wir Jäger können hautnah verfolgen, das infolge dieser Entwicklung etwas Grundlegendes mit den Agrarflächen passiert. Die unübersehbaren Kennzeichen dieses Wandels sind die Biogasanlagen, ein beschleunigter Umbruch von Grünflächen und der Wegfall von Stilllegungsflächen, Brachen und leider auch die Reduzierung der Wegseitenrändern. Es werden großflächig nur noch einige wenige Feldfrüchte als Monokultur angebaut.
Verlierer dieser Entwicklung sind neben verschiedenen Tieren wie Feldhase, Rebhuhn, Kriechtieren sowie Insekten auch viele Arten aus der Pflanzenwelt, denn die Masse dieser sog. Feld- oder Offenlandarten verdankt ihre Existenz der althergebrachten Form der Landwirtschaft mit ihren kleinräumig gegliederten Ackerflächen und den durch den Menschen in Jahrhunderten geschaffenen Lebensräumen, zu denen Ackerrandstreifen, Brachflächen, Feldgehölze, Feldraine, Gebüsche, Heiden, Hecken, Magerrasen, Wiesen, Weiden, wie auch die Begleitflora der Äcker zählen.
Die Existenszbedingungen dieser Offenlandarten werden durch die beschriebene Entwicklung ebenso verschlechtert, wie durch die damit verbundene indirekte Förderung einiger Anpassungsspezialisten. Zu ihnen zählt das Schwarzwild, dem z.B. Biogas-Maisanbauflächen Nahrung und Deckung im Überfluss bieten. Aber auch im Bereich der Pflanzen gewinnen schnell einige Anpassungsspezialisten die Oberhand. Eine erhöhte Gülle- und Düngerausbringung steigert zwar die Verfügbarkeit von Nährstoffen und damit die Biomasse, gleichzeitig wird aber der Artenreichtum der Pflanzengesellschaften reduziert. Die stickstoffliebenden Arten (Nitrophyten, wie z.B. Melde und Acker-Kratzdiestel) unter ihnen lassen den Artenreichtum der Wildkräuter durch ihre dominierende Konkurrenzkraft schwinden und in der Folge auch die all jener Tierarten, die an einen hohen Wildkräuter-Reichtum gebunden sind.
Über alle Tier- und Pflanzenarten betrachtet, tragen diese Veränderungen in unserer Kulturlandschaft zu einem Rückgang der Artenvielfalt bei. Auch wenn sich diese Entwicklung nicht gänzlich aufhalten lässt, will die Jägerschaft Rotenburg mit einigen Förderprogrammen zum Erhaltung bzw. zur Verbesserung der Lebensräume in der intensiv genutzten Agrarlandschaft beitragen. Aus diesem Grunde hat sie im Mai vergangenen Jahres eine Projektgruppe zur Erstellung eines Naturschutzkonzepts zum Schutz der Artenvielfalt ins Leben gerufen. Aufgabe der Arbeitsgruppe ist es, Förderprogramme zu entwickeln, die dem Rückgang der Artenvielfalt in unserer Kulturlandschaft entgegenwirken. Ein Ergebnis dieser Arbeit wurde nun von Christian Groth, dem Naturschutzobmann der Jägerschaft, vorgestellt.
Die in enger Zusammenarbeit mit dem Amt für Naturschutz und Landschaftspflege des Landkreises und in Abstimmung mit der Landwirtschaftskammer und dem Landvolk entstandenen Förderprogramme werden mit Hilfe der finanziellen Unterstützung des Landkreises realisiert. Beabsichtigt ist, sogenannte Blüh- und Huderstreifen in die landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen zu integrieren. Es sollen zusätzliche Streifenstrukturen, Übergangsflächen bzw. Verbindungskorridore zu ökologisch sensiblen Bereichen sowie Schutz-, Brut- oder Rückzugsflächen für Wildtiere und Wildkräuter in der Agrarlandschaft geschaffen werden. Die dadurch entstehenden Ertragseinbußen werden den Landwirten aus den Fördermitteln erstattet. Darüber hinaus erfolgt eine Beteiligung am Lerchenfensterprojekt der Landesjägerschaft Niedersachsen. Bei diesem Projekt werden in Wintergetreideäckern künstliche Fehlstellen (je ca. 20 qm) geschaffen und damit den Bodenbrütern, wie Feldlerche, Kiebitz und Rebhuhn, geeignete Brut- und Aufenthaltsplätze angeboten, die letztlich deren Bruterfolg in der Feldflur erhöhen sollen. Schwerpunkt beider Maßnahmen, ist der nachhaltige Schutz der Artenvielfalt innerhalb der intensiv genutzten Agrarlandschaft. Die Jägerschaft Rotenburg leistet damit gleichzeitig einen Beitrag zum Internationalen Jahr der Artenvielfalt 2010.
Bei beiden Förderprogrammen wird über ein einfaches relativ unbürokratisches Bewilligungsverfahren ein finanzieller Ausgleich für die Umsetzung angeboten. Doch zunächst gilt es, für die Förderprogramme zu werben. Gefragt sind hier zunächst die Revierinhaber, denn sie besitzen den unmittelbaren Zugang zu den Flächenbewirtschaftern in ihren Revieren. Ein derartiges Projekt, so Christian Groth, kann nur erfolgreich verlaufen, wenn die Durchführung als gemeinsame Initiative von Landwirtschaft und Jägerschaft betrieben wird. Wer mehr über dieses Naturschutzkonzept erfahren will, erhält Informationen bei den Naturschutzobleuten der Hegeringe oder auf der Internetseite der Jägerschaft Rotenburg (Wümme) unter www.jaegerschaft-row.de .