Offener Brief an die Redakteurin des Beitrages Waidmannsheil - Jägern auf der Spur

vom 14.10.2013 um 22.00 Uhr in der Sendung 45 Minuten, und die Redaktion der Sendung 45 Minuten.

Sehr geehrte Frau Lorenz,

sehr geehrte Damen und Herren,

mit großem Unverständnis und Bedauern haben wir Ihren Beitrag „Waidmannsheil - Jägern auf der Spur“ zur Kenntnis genommen. Ihren eigenen Aussagen folgend, wollten Sie den Zuschauern eine ausgewogene und vielschichtige Dokumentation über Jagd und Jäger in Deutschland präsentieren. Die Chance hierzu hatten Sie – genutzt haben Sie diese nicht.

Wie Sie selbst am Anfang Ihres Beitrages erwähnen, gab es im Vorfeld der Erstellung dieses Beitrages Warnungen, hieran mitzuwirken. Wir haben uns dennoch entschlossen Ihnen, Frau Lorenz, für den NDR, als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Wir haben nichts zu verbergen und es liegt in unserem ureigenen Interesse, es Medienvertretern zu ermöglichen, Zuschauerinnen und Zuschauern ein ausgewogenes Bild, des aus unserer Sicht facettenreichen und faszinierenden Themas Jagd, präsentieren zu können. Zum anderen vertreten erwarten wir von einem Format, das in einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt läuft, einen objektiven, den Regeln der guten journalistischen Praxis folgenden Beitrag.

Auch und gerade bei einem Thema, was durchaus in der Lage ist, Emotionen zu wecken, können sich die Zuschauer zweifelsohne eine eigene Meinung bilden.

Nahezu unmöglich wird ihnen dies allerdings, wenn sie durch eine einseitige, sachlich nicht ausgewogene Berichterstattung – Ihren Beitrag „Waidmannsheil - Jägern auf der Spur“ sehen wir als solches an – der Chance hierzu beraubt werden.

Offenkundig falsche Behauptungen von Jagdgegnern – beispielweise die Jagd würde das Gegenteil von dem bewirken was sie eigentlich will und führe zur einer Vermehrung der Wildtiere – bleiben in Ihrem Beitrag unkommentiert. Es wäre für Sie ein leichtes gewesen und aus unserer Sicht auch Ihre

journalistische Pflicht, Aussagen wie diese kritisch zu reflektieren. Das gleiche Prinzip bei einer Sequenz über die Gänsejagd an der Küste: Befragt zu diesem Thema wird ausschließlich ein wegen Jagdstörung verurteilter Aktivist. In diesem Zusammenhang geäußerte Behauptungen die Gänsejagd gebe es nur, da die revierlosen Jäger im Binnenland nicht integriert würden sind schlichtweg absurd! Um dem Anspruch der Zuschauerinnen und Zuschauer Ihres Beitrages gerecht zu werden, hätte es spätestens an dieser Stelle einer klärenden, sachlich korrekten Information über den Sinn und die Notwendigkeit der Bejagung von Gänsen bedurft. So Sie hier offensichtlich nicht die Sichtweise eines Jägers zur Darstellung kommen lassen wollten, wäre die Einschätzung eines Behördenvertreters oder auch an dieser Stelle einmal die eines betroffenen Landwirtes sicherlich authentisch gewesen.

Gänzlich im Unklaren lassen Sie die Zuschauer auch über die Begründung des Bundestages zu der

erfolgten Umsetzung des EGMR-Urteils zur Pflichtmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften. Die Situation einer Klägerin gegen die Mitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft wird dargestellt, ebenso wie die Argumentation eines, dezidiert als Jagdgegner, vorgestellten Rechtsanwaltes. Ausführlich erhält dieser die Möglichkeit, seine Sichtweise darzulegen - einmal mehr bleibt dies unreflektiert. Zu den Gründen der Notwendigkeit der flächendeckenden Bejagung und des Prinzips des Reviersystems – Wildschadenverhütung, Artenschutz, Tierseuchenprävention um hier nur einige Aspekte zu nennen – kein Wort. Im Sinne einer journalistischen fairen und ausgewogenen Berichterstattung hätte man dies erwarten können und müssen.

Das komplexe Thema bleihaltige oder bleifreie Munition: Der Aspekt, dass es in Bezug auf die Verwendung alternativer, heißt bleifreier Munition, durchaus und unbestritten noch offene Fragen gibt (z.B. zu ihrer Toxizität) fehlt in Ihrer Aufarbeitung dieses Themas völlig. Einseitig dargestellt auch das Thema Jagdschutz, dass in Ihrem Beitrag auf den Abschuss von Katzen reduziert wird – verallgemeinernd und ohne die konkreten rechtlichen Vorgaben zu erwähnen – am Beispiel eines Röntenbildes einer Katze mit vermeintlichen Schrotsplittern. Die Liste fragwürdiger, weil verkürzt und einseitig dargestellter Aspekte, die mit der Jagd verbunden sind, zieht sich leider wie ein roter Faden durch den Beitrag und ließe sich weiter fortführen.

Völlig unerwähnt bleiben – bis auf den Hinweis Jäger sähen sich als Naturschützer – die Naturschutzaktivitäten der Jägerinnen und Jäger im ganzen Land: Nicht nur das der Deutsche

Jagdverband, wie die Landesjägerschaft Niedersachsen und viele andere Landesjagdverbände anerkannte Naturschutzverbände sind, sondern vielmehr angesichts der enormen ehrenamtlichen Leistungen der Jägerinnen und Jäger im ganzen Land in diesem Bereich, hätte dieses Themenfeld Ihre Zuschauer sicherlich interessiert. Zu einem Beitrag der sich als Dokumentation über Jagd und Jäger versteht, gehört dieser Aspekt jedenfalls zwingend hinzu. Sie waren mit Ihrem Filmteam in Aschendorf-Hümmling. Gerade in dieser Region hätten Sie beste Beispiele für praktischen Naturschutz durch Jägerinnen und Jäger finden können.

Die Auswahl von Gesprächspartnern obliegt selbstverständlich Ihrer journalistischen Freiheit und bleibt Ihnen vorbehalten. Dass aber gleich drei Verbandsvertretern des Ökologischen Jagdverbandes (ÖJV), der bundesweit einige hundert Mitglieder vertritt – in Niedersachsen sind es etwa 80 – die Möglichkeit gegeben wird, ihre Positionen ausführlich darzulegen bildet allerdings angesichts der konträren Auffassungen in vielen Punkten der Jagd zu der, wie Sie sie nennen, "traditionellen" Jägerschaft sonderlich in Anbetracht der Mitgliederzahlen ein verzerrtes Bild von verbandspolitischen Positionen der gesamten Jägerschaft.

Sie selbst, Frau Lorenz, haben im persönlichen Gespräch mir gegenüber immer wieder und vehement

betont, ihrem journalistischen Selbstverständnis verpflichtet, einen objektiven und ausgewogenen Bericht zum Thema Jagd erstellen zu wollen. Ihr Beitrag wird diesem Anspruch in keinster Weise gerecht – eine Vielzahl von Jägerinnen und Jägern fühlt sich in ihrem Tun öffentlich diskreditiert. Im Sinne Ihrer Ausführungen in Ihrem Interview mit dem NDR zu diesem Beitrag - Sie hätten einige Überzeugungsarbeit leisten müssen, um Jäger für diesen Beitrag zu gewinnen, da viele Angst hätten, in den Medien falsch dargestellt zu werden – haben Sie sich, den vielen, vielen Ihrer Kolleginnen und Kollegen die ein ehrliches und aufrichtiges Interesse an dem vielschichtigen Thema Jagd haben und damit nicht zuletzt auch einer interessierten Öffentlichkeit mit Ihrem Beitrag einen Bärendienst erwiesen!

Mit freundlichen Grüßen

Helmut Dammann-Tamke
Präsident der Landesjägerschaft Niedersachsen e.V.