Werlte. Seit rund vier Jahren beobachten die Jägerschaften im Emsland das heftige Dahinschmelzen der Fasanenbestände. Das setzt sich in diesem Jagdjahr weiter fort. Und auch der Hase scheint nicht mehr so zahlreich zu sein wie noch vor Jahren. Kreisjägermeister Wilhelm Klumpe aus Werlte fasst die Situation nach den ersten Treibjagden seit Anfang Oktober als „sehr, sehr traurig“ zusammen. Gleichwohl gedenken die Jäger des Emslandes nicht, den Kopf in den Sand zu stecken. Vielmehr arbeiten sie intensiv daran, die Voraussetzungen für das Wild zu verbessern.
Dabei haben sie nicht allein das jagdbare Wild im Blick. Der Vizepräsident der Landesjägerschaft Niedersachsen (LJN), Josef Schröer aus Lingen, sieht die biologische Vielfalt in der Natur insgesamt schwinden. „Auch andere Wildtiere wie Kiebitz, Brachvogel, Kleinsäuger, Kriechtiere und Bienen geraten in Bedrängnis.“ Schröer sieht dabei Fasane und Hasen als eine Art Indikator für das Geschehen, das sich insgesamt in der Natur abspielt. Hier habe man schließlich auch Gewissheit durch die jährlich in allen Hegeringen durchgeführte Wildtiererfassung. Diese erhebe bereits seit vielen Jahren landesweit die Zahl des erlegten Wildes nach den Arten.
Über Ursachen für die Entwicklung kann weiter nur spekuliert werden. Und Vizepräsident Schröer lässt keinen Zweifel daran aufkommen, an seiner Linie festzuhalten: „Solange wir keine Beweise haben, lehnen wir Schuldzuweisungen ab.“ Das sagt er speziell mit Blick auf die Vermutung, dass Infektionskrankheiten den Fasanen zugesetzt haben könnten. „Wir haben bisher gar nichts gefunden.“ Damit bezieht sich Schröer auch auf ein Forschungsvorhaben, durch das man den Ursachen „auf der Spur“ sei. Nach langem Bemühen sei es gelungen, ein auf drei Jahre angelegtes Projekt in Gang zu setzen. Dieses nehme sich in wissenschaftlicher Weise der Fasane und Rebhühner an. Hinterfragt werde insbesondere, welche Rolle Krankheiten spielen. Dieses läuft seit dem Frühjahr. Eine von landesweit drei Projektregionen ist der Hegering Werlte. Vor Ort unterstützt Thomas Schomaker von der Jägerschaft Aschendorf-Hümmling die Arbeit der Wissenschaftler des Wildtierforschungsinstituts in Hannover.
„Wir suchen nach Antworten darauf, ob die Hennen zur Brut kommen, was aus dem Gelege wird, wo sich die Fasane aufhalten und welchen Bewegungsablauf sie haben“, umreißt Schomaker, worum es geht. Auf der Suche nach Antworten wird aber nicht einfach zum Feldstecher gegriffen, beobachtet und notiert, sondern mit moderner Technik das tägliche Leben von neun Hennen und zwei Rebhühnern nachgezeichnet. „Wir haben diese mit Sendern ausgestattet, ihnen Blut abgenommen und sie vermessen“, berichtet Schomaker. Die Gelege indes wurden mit Kameras beobachtet.
Was ist bislang dabei herausgekommen? Vorab: Das, was festgestellt worden ist, sind lediglich Momentaufnahmen, noch keine repräsentativen Erkenntnisse. Laut Schomaker war es in Werlte der Fall, dass die Hennen überwiegend zur Brut und die Gelege auch zum Schlupf gekommen sind. Zwar hatten sich auch Fuchs, Marder und Krähe an Gelegen zu schaffen gemacht, und eine Henne sei einem Greifvogel zum Opfer gefallen, doch die Küken hätten es überwiegend bis ins flugfähige Alter und zur Trennung von der Henne geschafft. „Festgestellt haben wir aber auch, dass brütende Hennen sehr empfindlich auf Störungen reagieren.“ Nach nur zwei bis drei Vorfällen verlasse die Henne das Gelege endgültig.
„Wir sind mächtig stolz auf dieses Projekt“, freut sich LJN-Vizepräsident Schröer. Er ist sich sicher, dass es „interessante Ergebnisse“ bringen wird. Jetzt gehe es darum, weiterzuforschen und damit auch das angestrebte Bundesforschungsvorhaben mit vorzubereiten. Dieses solle in den nächsten Jahren anlaufen und dann neben Niedersachsen auch Nordrhein-Westfalen mit einbeziehen.
Neben dem Forschungsprojekt hat die Jägerschaft im Emsland aber noch weitere Baustellen aufgemacht, um die biologische Vielfalt der Natur zu fördern. Dabei geht es auch darum, sich auf die Auswirkungen der anstehenden Agrarreform rechtzeitig einzustellen. Dabei spielt insbesondere das sogenannte „Greening“ eine Rolle. Dieses sieht unter anderem vor, dass alle Landwirte ab dem Jahr 2014 einen Teil der Ackerfläche der Natur überlassen müssen.
Für Vizepräsident Josef Schröer und Kreisjägermeister Wilhelm Klumpe geht es nun darum, „mit den Landwirten praxistaugliche Modelle zu entwickeln“, um auf das Kommende bestmöglich vorbereitet zu sein. „Wenn das Greening kommen sollte, werden wir geeignete Maßnahmen gefunden haben“, hat Schröer das Ziel klar vor Augen.
Der Naturschutzbeauftragte der Kreisjägerschaft Aschendorf-Hümmling, Wilhelm Schepers, glaubt daran, dass dazu mit den Landwirten schnell ein „Konsens“ gefunden werden kann. Dabei sähe er es am liebsten, wenn die Politik „unbürokratische Maßnahmen“ ermöglichte, sodass auch regionale und lokale Besonderheiten in deren Ausgestaltung einfließen könnten. Kurz: „Wir müssen lokal entscheiden können.“